“Systemisch Denken heißt künstlerisch Denken und umgekehrt.” (Quelle: Fachtagung zu systemischer Kunsttherapie 2015 – DGSF)
Systemische Kunsttherapie in Dresden: Manchmal bietet es sich an, über andere Medien als das reine Gespräch in den Austausch zu kommen, z.B. wenn es schwer fällt tiefer liegende emotionale Erfahrungen verbal zu äußern oder wenn man einfach Spaß am gestalterischen Arbeiten hat. Hier können symbolisch-handlungsorientierte Interventionen (z.B. Aufstellungen) eine Stütze bieten. Aber man kann sich auch über andere kreative Wege an Themen annähern. Dabei bin ich überzeugt, dass jeder künstlerische Fähigkeiten in sich trägt (vgl. Soziale Plastik bei Joseph Beuys), Voraussetzung ist ‘nur’ eine angemessene Atmosphäre um dieses Können abzurufen.
Kunsttherapie in Dresden: Es geht nicht darum wie gut Sie zeichnen oder gestalten können!
Gerade wenn Gefühlswelten verschlossen sind, sich aber gerne Raum verschaffen würden, kann man (auch in der Arbeit mit Kindern) mittels künstlerischer Medien, z.B. Musik, Malen, Zeichnen, Schreiben etc. einen leichteren Zugang entwickeln. Wichtig ist hier aus meiner Sicht eine Sensibilität für das jeweils angemessene Medium. Es geht dabei nicht darum, sich handwerklich-technisch virtuos mit der spezifischen Technik ausdrücken zu können – sprich, man muss nicht schön zeichnen oder Malen oder musizieren können. Es geht vielmehr um den Versuch Gedanken, Stimmungen, Gefühle, innere Bildwelten über einen anderen Zugang zu erkunden (Selbstexploration) und ins Außen zu bringen. Später kann man die gewonnenen Erkenntnisse oder auch neuen Perspektiven wieder im Gespräch aufgreifen.
In meiner Therapie- und Beratungspraxis sind Gitarren, perkussive Instrumente (Rasseln, Cajon), Farben, Leinwand, Stifte, Pinsel, Kreide vorhanden. Die Klient*in kann sich alles weiter Benötigte (z.B. Ton) auch gerne selbst mitbringen.
Durch mein Studium der bildenden Kunst (AdbK München, sowie HFG/ZKM Karlsruhe) und mein musikalisches Interesse, biete ich auf diesem Gebiet einen guten Erfahrungsschatz und die nötige Sicherheit um diese Medien angemessen-dosiert in die Beratungsarbeit zu integrieren.
Mein eigener künstlerisch-kunsttherapeutischer Weg der Selbsterfahrung als beispielhafte Einblicke
Meine künstlerischen Arbeiten waren immer geprägt von einem starken persönlichen Selbsterfahrungsanteil, dem Drang meine inneren seelischen Verfassungen und Gedanken mit eigenen Ausdrucksmitteln ins Außen zu bringen und damit mich im Bezug zur Welt besser zu verstehen, besser mit mir selbst klarzukommen. Hauptthemen waren dabei zum Beispiel eine künstlerische Auseinandersetzung mit meiner damaligen Einsamkeit und Entwurzelungsgefühlen. Hier ein paar unterschiedliche Beispiele zu diesem Prozess:
Zeichnen hat mir bei der reflektiven Bearbeitung von belastenden Lebensphasen, Erfahrungen und Träumen ebenfalls geholfen. Für mich ist es eine Möglichkeit intuitiveren und unmittelbareren Ausdruck von inneren Bildwelten, Konflikten und Zuständen zu erlangen, ohne die umfassende und zeitintensive Auseinandersetzung mit technischeren Medien wie Bewegtbildschnitt oder Animationen. Hier ein paar Beispiele:
Im Trauerprozess um meine früh verstorbene Mutter habe ich neben solcher zeichnerischer Skizzen auch einen Roman verfasst. Diesen habe ich aus einer zirkulären Perspektive erzählt. Ich habe mir dabei meine Mutter vorgestellt wie Sie aus Ihrer Sicht aus dem Ort wo sie nun verweilt auf unsere Familie und mich blickt. Der Roman heißt ‘AEKFN – Akronym einer Kybernetik für Narzisten’ und bildete für mich so intime innerliche Prozesse ab, dass ich mich damals nicht in der Lage fühlte, diesen trotz meines künstlerischen Geltungsbedürfnisses zu veröffentlichen. (Heute gebe ich den Roman gerne zum Lesen. Ich habe ihn allerdings noch auf keiner Plattform veröffentlicht.)
Diesen ambivalenten Drang nach Aufmerksamkeit habe ich damals in einer Installation mit dem Titel “Bitte nicht berühren – alarmgesichert – nach dem Lesen wieder schließen” reflektiert, bei der ich ein Exemplar meines Romans “AEKFN” ausgestellt hatte, doch mit einer Alarmanlage vor dem Gelesenwerden geschützt habe. Sobald man sich dem Buch angenähert hatte ging ein lauter Alarm los der für Abgrenzung zum Ausstellungsobjekt sorgte. Hier eine kurze Videodokumentation zu dieser Installation:
Meiner Diplomarbeit war schließlich ein konzept-künstlerischer Versuch die Welt der Kunst zu (be)greifen und mich dazu in Bezug zu stellen und verschiedene außenstehende Perspektiven dazu einzuladen auf meine Schlüsse offen Stellung zu beziehen. Dazu habe ich zuvor eine theoretische Abhandlung verfasst, um daraus ein Konzept zu entwickeln und dieses verwirklicht. Hier die Ergebnis-Dokumentation von diesem Projekt “GEGEN(W)ART” als Webseite (Die theroretische Abhandlung für das Konzept, stelle ich demnächst noch hier zur Verfügung.) Im Grunde war dieses Projekt ein damals noch unbewusster erster Versuch mich mit den gegenwärtigen Kontexten meines Lebens- und Arbeitsumfeldes auseinander und in Bezug zu setzen – im Prinzip also systemisches Arbeiten. Hier eine Videodokumentation dieses Projekts:
Aus der Perspektive meiner heutigen systemischen Sicht hinsichtlich künstlerischer Anteile beziehe ich in mein therapeutisches und beraterisches Arbeiten verschiedene auch nonverbale Medien mit ein: Der Raum, die Zeit, Dynamik und Bewegung im Raum, Symbole, Visualisation, Systemskulpturen, Klang, Musik, Stille, Bewegtbild, Schreiben, den Körper, Spiritualität und weitere.
Die relevanteste kunsttherapeutische Haltung: Freigeistigkeit
Das wichtigste jedoch bleibt die Haltung des Kunstschaffens. Denn es ist in meinen Augen eine Haltung die uns Freigeistigkeit erlaubt, wenn nicht geradezu fordert. Diese Freigeistigkeit wiegt so schwer, dass sie sogar juristisch im Grundgesetz untermauert wurde:
“Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten […]. Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. […]” (Quelle: GG Art5 5 Absatz 1-3)
Das heißt für mich, dass uns der Rahmen der Kunstwelt im therapeutischen und beraterischen Schaffen einen noch weiteren ‘barrierefreien’ Raum ermöglicht. Alle Konventionen können über Board geworfen werden oder zumindest hinterfragt werden. Wir dürfen alles (sofern wir dabei den kategorischen Imperativ nicht verlassen) denken, fühlen, sehen, spüren, tun, ausdrücken und erschaffen. Und das ist auch noch juristisch sauber manifestiert. Dieser Kosmos erlaubt uns sogar eigene (Scham-)Grenzen mit Kreativität in Übergangsbereiche umzudeuten und zu reflektieren. Wir bewegen uns mit Hilfe einer künstlerischen Haltung also jenseits von (diagnostischen) Kategorien wie krank oder gesund. Hier können wir frei sein. Es ist viel mehr erlaubt, wenn auch nicht alles (vgl. Hitlergruß bei Jonathan Meese)! Das ist meine Vision und Haltung für eine systemische Kunsttherapie in Dresden.